Gedanken zu konfessionslimitierter Religion

Von F. Rückert

 

Friedrich Rückert schreibt in „Weisheit der Brahmanen“: 

 

„In der natürlichen Religion geboren

Wird jeder Mensch, und nie geht diese ihm verloren. 

Ihm angezogen wird ein äussres Glaubentum

Das nimmt im Leben er wie einen Mantel um. 

Er trägt es, doch die wache Seele legt es ab.

Da bleibt der Glauben ihm, den Gott ihm selber gab.“

 

 „Begreifen willst du Gott? Lass deinen eitlen Eifer!

Den mehr muss sein als das Begriffne sein Begreifer. 

Darum ja, wenn du ihn begriffest, wärst du mehr; 

Dir, den er minder schuf, ist unbegreiflich er. 

Begreifst du dich selbst und fühlest den Beruf, 

Den zu begreifen, der dich, dir ein Rätsel, schuf?

(F. Rückert – Weisheit der Brahmanen, 11.25)

 

Das innere Leben definiert sich in dem seligen Paradoxon, alles aufzuwenden und nichts unversucht bleiben zu lassen, den Unerkennbaren zu verstehen. Diese Haltung evoziert die Gnade. 

 

 

„So wahr als aus dem Eins die Zahlenreihe fliesst, 

so wahr aus einem Keim des Baumes Krone spriesst, 

so wahr erkennest du, dass der ist einzig einer, 

Aus welchem alles ist, und gleich Ihm ewig keiner. 

Doch fühlt der Mensch so weit vom Ursprung sich getrennt, 

dass Mittelstufen er notwendig anerkennt. 

Ob er sie Götter mag, Kräft` oder Geister nennen, 

ihn binden sollen sie an Gott, von Gott nicht trennen. 

Sie sollen das Geweb` vom Mittelpunkt ausbreiten,

bis in sein kleines Ich die Lebensfäden leiten. 

Was also streitet ihr um wechselnde Betitlung (die konfessionelllen Festlegungen) – 

von Heilsanstalt und Amt der Sühnung und Vermittlung? (Die religiösen Institutionen und die Vermittlungsbüros, die man „Glaubensbekenntnisse“ nennt)

Ob hier der Schöpfer sich verborgen im Erhalter, 

der Hausherr dort zurücktrat hinterm Hausverwalter?

Ihr mögt mit Frömmigkeit und gläubigem Vertraun

Sichtbares als ein Bild des Unsichtbaren schaun;

Doch steht’s dem Geiste frei, wenn er dazu hat Schwingen, 

Ins Allerheiligste unmittelbar zu dringen.“