Funktion der Religion 2

Definition:

Religion ist ein kulturelles (in der Geschichte des Menschen haben auch sie ihren Anfang und Gott offenbart sie gemäss Ort, Zeit, Rezeptivität und Umständen) Zeichensystem (Riten, Rituale, Gesetze), das Lebensgewinn durch Entsprechung zu einer letzten Wirklichkeit verheisst.

 

Lebensgewinn

                        -Gesundheit und Hilfe, Stressenthebung (pragmatisch)

                        -Wahrheit und Liebe

                        -Identitätsgewinn in der Wandelwelt

                        -teilt dem Menschen seinen Platz im Universum zu

 

 

-Religion hält den Glauben an verborgene Ordnung der Dinge aufrecht.

 

-Religion hält den Sinn für Orte kognitiver Irritation wach – sie provoziert durch Zeugnisse vom Einbrechen einer ganz anderen Welt in diese Welt hinein.

 

-Religion gibt eine Geborgenheit der Ewigkeit inmitten der Zeitweiligkeit

 

-Religion schenkt das Grundvertrauen, dass die universalen und auch die menschlichen Abläufe nicht einfach nur eine Zufallsherrschaft des Kosmos ist, sondern in höherer bewusster Führung und Kontrolle.

 

-Religion beschäftigt sich mit Grenzsituationen, in denen dieses Vertrauen bedroht und erschüttert wird (Tod, Angst, Trauer, Schuld, Versagen, Verzweiflung) und bewahrt vor Zusammenbruch.

 

-Religion legitimiert Verhaltensformen, legt Grundlage zur Nächstenliebe. Diese fundamentalen Grundwerte regeln die Sozialisation des Einzelnen und dient der Konfliktregelung im Kollektiven.

 


Es ist enorm wichtig, sich von einseitiger Funktionsbestimmung der

Religion frei zu machen:

 

-sie dient nicht nur zur Stabilisierung des Denkens → sie ist immer auch Provokation

 

-sie dient nicht nur der Bewältigung von Krisen → sie kann auch schwere Erschütterung und 

Prüfung evozieren

-sie beruhigt nicht nur vor metaphysischer Unruhe → sie ist auch Askese und Aufruf zum 

    letztendlichen Exodus

-Religion kann durch das Lehren von Fundamental-Werten Brücken bauen

→ aber auch mir Fundamentalismus Aggression schüren

 

-sie lehrt nicht nur Wertekonformismus → sie hat auch einen revolutionären Impuls, der alle 

Werte in Frage stellt

-sie macht die Welt gottes-transparent; seine Gegenwart ist auch im Hier erfahrbar

→ sie lehrt aber auch Gottes Unbegreiflichkeit, dass er immer der ganz andere ist.






Definition:

Religion ist ein kulturelles Zeichensystem, das Lebensgewinn durch Entsprechung zu einer letzten Wirklichkeit verheisst.

 

Was ist ihre Funktion? – 10 Gedankenschritte

 

1. Religion ist Sanatan-dharma

„Dharma“ bezeichnet die unzertrennliche Eigenschaft von etwas. Sanatan heisst „ewig“.

Sanatan-dharma bezeichnet die inhärente Wesenheit der Seele, die ewige Religion des Lebewesens. Was nie geschaffen oder gegründet wird, das, was untrennbar mit der Seele verbunden ist. Man mag es zwar vorübergehend vergessen wollen – wofür einen Gott auch die Möglichkeit dafür schenkt. Die Seele hat ein Recht auf Unwissenheit. Aber auch im unnatürlichen Zustand der Illusion ist die Grundmotivation hinter allem Handeln noch immer die Erfülltheit, welche im Austausch mit Gott zu erfahrbar ist. Das Heilige ist auch der Antrieb hinter allem materialistischen Handeln.

Sanatan-dharma sind ewig anwendbare spirituelle Prinzipien, jenseits von konfessioneller Festlegung und Vereinnahmung. (Srimad Bhagavatam 1.2.6)

 

2. Viveka (Unterscheidungskraft)

Viveka bedeutet das klare Unterscheiden zwischen avastava-vastu (Nicht-Substanz, Dingen also, die sich manifestieren und wieder vergehen, die Änderung unterworfen sind) und vastava-vastu (ewiger, unvergänglicher Substanz) (Srimad Bhagavatam 1.1.2)

 

3.Was ist avastava-vastu?

Die unbeständigen Manifestationen der Prakriti, alle Formen und Zustände der materiellen Energie. 

Die Beschäftigung mit avastava-vastu, dem Reagieren auf diese vorbeiziehenden Umstände und die mentale Aufwühlung an ihnen, ist die grösste Zeitverschwendung für das Lebewesen.

 

4. Was ist vastava-vastu?

Gott, das Lebewesen, und alle Energien Gottes (antaranga-sakti, bahiranga sakti) 

Auch die materielle Energie ist reell, ist Substanz. (Bhagavad Gita 7.14)

 

5. Religion ist die Svabahava (wesensgemässe Natur) von vastava-vastu. 

Das Wesen des Ewigen ist es, Austausch zu haben.

Wenn das Lebewesen in der materiellen Welt sich wieder der natürlichen Ordnung der Beziehung zur Wirklichkeit eingibt, erlangt es sich selbst. 

Die ewige Funktion des Lebewesens ist es, ein Diener von Sri Krishna zu sein und mit ihm in liebevollem Austausch zu stehen. 

 

6. Warum ist dies nicht die Erfahrung der Seele in der Welt?

Wenn Substanz mit einer anderen Substanz in Berührung kommt, oder nur schon in dessen Nähe sich befindet, gibt es vikara (Beeinflussung, Transformation)

Dann nimmt die Vastu zeitweilig (im Falle von jiva-svabahava-vikara – der Veränderung in der Natur des ewigen Lebewesens – können dies Millionen von Leben sein) eine angenommene, erworbene Natur an. Diese nennt man nisarga. 

 

Wasser kann in Berührung mit Feuer verdampfen oder es kann zu Eis werden, wenn es Kälte ausgesetzt wird.

Die svabahava (wesensgemässe Natur) geht dann in eine latente Position ein. Was tut dann der jiva in nisarga? Karma, jnana und yoga (Weltbejahung, Weltverneinung und der Versuch, Kontrolle über die Welt zu erlangen)

 

Dann wird nisarga aufgrund von Gewohnheit zur zweiten Natur und scheint wie „natürlich“ zu sein. 

 

7. Religion ist das ewige Liebesangebot Gottes, das sogar innerhalb der Prakriti (der Wandelwelt) zugänglich ist. Die Schöpfung wird immer aufgelöst, wenn Sanatan-dharma in dieser Schöpfung nicht mehr zugänglich ist. Die Schöpfung hat zwei Grundzwecke: die Möglichkeit des Vergessens und die Möglichkeit der Wiedererinnerung.

 

Sanatan-dharma ist auch in der Schein-identität von nisarga verständlich, da der Kontakt mit ihr in der Seele gada-samskaras (inhärente, intrinsische Erinnerungen in der Seele) wachruft, welche eine ganz tiefe Bestätigung geben. 

 

8. Die Entwicklung dieser aufwachenden Sehnsucht wird in neun Abschnitte gegliedert, welche nicht linear durchlaufen werden und die vorangegangenen Schritte sind auch niemals abgeschlossen (ausser anartha-nivritti)

 

-sraddha (Vertrauen)

-Sadhu-sanga (Gemeinschaft mit Heiligen)

-Bhajana kriya (in Anleitung der Heiligen wird man in eine Theopraxis eingeführt)

-Anartha-nivritti (das Überwinden der Wertlosigkeit, d.h. Anhaftungen und Fehlauffassungen)

-nistha (Statigkeit)

-Ruci (einen tiefen Geschmack an der Theopraxis)

-Asakti (Anhaftung an Gott)

-Bhava (emotionales Involviert-sein)

-Prema (reine Liebe zu Gott)

 

9. Bhakti ist nicht die vritti (Tendenz) des jiva. Wenn das Lebewesen glaubt, Bhakti ausführen zu können, nennt man sein Bemühen „indriya vyapara bhakti“.

Transzendentale Bhakti ist krishna-anusilanam, die Kultivierung unserer Aktivität des Körpers, Worte und Gedanken und Gefühlen in Verbindung mit Sri Krishna unter der anugatya (Anleitung) einer selbstverwirklichten Seele (in svarup-siddhi). 

Bhakti ist avaroha-pantha.

Was ist das Dharma (die finale Bestimmung) des jiva? Prema.

Und diese hat ein Objekt. Solange das jiva nicht mit dem Objekt seiner Prema zusammenkommt, kann sich sein Dharma nicht manifestieren. Es muss also mit Krishna und Krishnas innerer Energie Kontakt haben – und dieser Kontakt innerhalb der materiellen Welt wird Sadhu Sanga genannt.

 

10. Wenn Bhakti das jiva berührt, wird die ewige Form des Lebewesens offenbar (svarup-siddhi) und auch da ist sadhu sanga mukhya anga. 

Dann beginnt die Seele in der Wirklichkeit zu handeln (vastu siddhi).