Treue zum Innersten

Wenn ein Mensch Wahrheit berührt, die völlig jenseits seines bekannten Lebens ist, wird man natürlicherweise entflammt. Ein inneres Feuer wird entfacht.

 

Begeisterung und Euphorie sind aber nur Begriffe der Peripherie eines inneren Weges. Wer sich in der äusseren Freude verliert, wird schnell die Erfahrung eines Strohfeuers machen. Das brennt kurz lichterloh und es gibt Menschen, die sich dann für erleuchtet halten. Aber schon Momente später ist es wieder erloschen und abgebrannt. Es ist leicht bei Menschen das Feuer kurzfristig zu entflammen. Man kommt in eine intensive Situation und ein Raum zur Unendlichkeit öffnet sich. Viele Menschen sind begeistert und machen eine öffnende Erfahrung der Liebe. Die ganze Welt erscheint ihnen nur noch als Liebe. Doch dann, ganz plötzlich, ist alles verschwunden. Eben war noch alles Liebe und schon sind wieder die alte Betäubung, die Dumpfheit und die Angst vorhanden. Ist man nun noch immer bereit, in die Hingabe zu gehen? Oder wird man sich zurückziehen und warten, bis man das nächste Mal eine überschwängliche Erfahrung von Liebe hat, in der man glaubt, sich wieder hingeben zu können.

 

An diesem Punkt wird das innere Leben an seine vielleicht wichtigste Herausforderung hingeführt: an die Bereitschaft, das Feuer weiter zu nähren, auch wenn es nicht stark brennt. Die Ermutigung zur innere Treue und darin weiterzugehen, auch wenn man nichts sieht. Nachdem die erste Phase des Brennens vorbei ist, zeigt sich die Reife, inwiefern es einen wesentlich um Erkenntnis geht. Inwiefern es einen um Krishna geht oder um seine eigenen Erlebniswelten. Geht es mir um die Freude Gottes oder um seine Geschenke, die vorläufige Gnade?

 Ist man bereit, den Kräften klar zu begegnen, die Sand auf das Feuer streuen wollen, die sich dem Alten zuwenden wollen und die möchten, dass alles so bleibt, wie es immer war?

Es ist ganz natürlich, dass der Enthusiasmus nicht immer gleich ist. Es gibt Phasen, in denen es lichterloh brennt und in anderen zieht es sich bis in die Glut zurück.

Unabhängig existiert die andauernde Einladung zur kontinuierlichen Hinwendung der Aufmerksamkeit auf die Seele, auf ihre Beziehung zu Krishna.

Der innere Weg ist nur schon deshalb nicht immer begeisternd, weil sonst meine Erfahrungssucht und den Drang nach äusserer Stimulation nur genährt würden. Die alten Tendenzen zur Bequemlichkeit, zu kurzfristigem Erfolg und Wohlergehen werden in dieser Phase erst überwunden. Man braucht Entwöhnung von dem, was man bisher als das Wesentliche betrachtet hatte: das Eigenglück.

Ist man bereit, weiterzugehen als die Erfahrungen schlichter Begeisterung?

Ausdauer, Geduld und Treue führen tiefer als die aufbrausende Euphorie.

Dann berührt man einen Strom ununterbrochener stillen Freude, der kontinuierlich erfahren wird und der nicht mehr abhängig ist von den Umständen im Aussen wie Augenblicke der Überschwänglichkeit oder Augenblicke der Schlichtheit und Nüchternheit.

 

Solange man diesen Zuständen noch Wert zuspricht, wird innere Tiefe verunmöglicht.

Die Seele ist nie verschmolzen mit all den erlebten Zuständen in der Welt der Gedanken und Emotionen und den Erlebnisse, die diese durchlaufen. Der innere Weg lehrt Abstand zu bewahren von der Welt der vorbeiziehenden Formen und Zustände.

 

Dann ist es wirklich gleichgültig, ob der Augenblick begeisternd oder schnöde ist, ob klein oder gross, ob einfach oder spektakulär, ob er viel Wirkung zeigt in der Welt oder bescheiden bei sich bleibt, ob er freudvoll oder schmerzvoll ist.

Einige Menschen sind wie ein Strohfeuer – schnell entzündbar aber danach auch gerade wieder erloschen.

Bringt man die Treue und die Aufrichtigkeit mit, das innere Feuer, das sich relativ rasch einmal entzündet, auch zu nähren und zu speisen, sodass es in ein kontinuierliches Brennen übergeht. Wenn die erste Euphorie, das im Sanskrit „utsaha mayi“ genannt wird, vorbei ist, zeigt sich erst die Reife des Menschen. Gleichgültig, was für ein emotionelles Erleben der innere Weg einem gerade schenkt – ob es die überschwängliche Freude oder auch die erlebte Trockenheit ist – existiert unberührt davon die ewige Seele in ihrem Wunsch zur Hingabe an Radha und Krishna. Die Kontinuität des inneren Feuers ist nur dann möglich, wenn die Aufmerksamkeit nicht auf die eigenen Gefühlslagen, sondern auf die Freude Gottes gerichtet wird. Ist man auch noch bereit, in der inneren Intensität zu bleiben, wenn man gerade gar nichts erfährt und fühlt? Oder zieht man sich zurück. Dieser Rückzug wäre das Symptom davon, eigentlich an eigenen beglückenden Zuständen interessiert zu sein und nicht am Wesen Gottes.

Der innere Weg ist deshalb nicht allzeit begeisternd, weil Krishna einfach prüfen will, an was die Seele eigentlich Interesse hat, ob die Seele tatsächlich weitergeht als Erfahrungen schlichter Begeisterung zu machen.

In der Zuwendung an Krishna um Krishnas willen taucht eine unspektakuläre kontinuierliche stille Freude in der Seele auf, die nicht mehr abhängig davon ist, ob man emotionell einen Moment der Überschwänglichkeit erlebt oder in der Schlichtheit und Nüchternheit verweilt.

Man verliert die Anhaftung an all die Inhalte und Zustände des Geistes.

Das reine Bewusstsein der Seele ist nie verschmolzen und identifiziert mit den verschiedenen Erlebniszuständen, welche im Geiste auftauchen und durch ihn hindurchgehen.

 

Bei Krishna ist die kleinste aufrichtige Zuwendung zu ihm niemals unvergessen.