Die zehn Gebote

 

-über religiöse Grundmotivationen

 

 

Für viele Menschen gelten die „Zehn Gebote“ als ethische Grundlage unserer Kultur.

Aber wenn wir diese Gebote einmal genau betrachten, erkennen wir, dass da fragwürdige Werte, aus denen wir herausgewachsen sind, vertreten werden.

Gleich an deren Anfang steht eine bedenkliche Verhaltensrichtlinie, die bei uns sogar gegen das Gesetz der Religionsfreiheit verstösst.

 

„Du sollst neben mir keine anderen Götter haben

 

[…] Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein

eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir feind

sind, verfolge ich die Schuld der Väter an

den Söhnen, an der dritten und vierten

Generation.“(ex 20,3 ff)

 

Das ist eine Aufforderung zum Religionszwang und zur Sippenstrafe.

In unserer Verfassung gibt es die Weltanschauungsfreiheit, offensichtlich eine Errungenschaft, welche noch sehr weit von den biblischen Freiheitsvorstellungen entfernt liegt.

Das bedeutet, dass für ein Verfehlen meinerseits auch die noch ungeborenen Kinder und ihre Kinder usw von Gott verfolgt würden. Das übertrifft die Gesetzesübergehungen selbst der grössten Tyrannen auf Erden.

 

Im zehnten Gebot werden Frauen mit Sklaven, Tieren und sonstigen „Besitztümern“ in eine Reihe gestellt. (Exodus 20, 17)

Gerade nach dem fünften Gebot „Du sollst nicht töten“ gibt Jahwe folgende präzisierende Anweisung:

„Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen. (Wir wissen, was diese Aussage in unserer Geschichte bewirkt hat!) Jeder, der mit einem Tier verkehrt, soll mit dem Tod bestraft werden. Wer einer Gottheit ausser Jahwe Schlachtopfer darbringt, an dem soll die Vernichtungsweihe vollstreckt werden“ (Exodus, 22, 17-19).

Man findet in der Bibel weit mehr Tötungsgebote als –verbote.

 

Ausgerottet werden sollten nicht nur Mörder und Räuber, sondern auch diejenigen, die homosexuellen Verkehr haben, die Ehebruch begehen, oder Sex mit einer Frau während ihrer Periode haben. Todgeweiht sind auch diejenigen, die Gott lästern, ihre Eltern verfluchen, Arbeiten am Sabbat verrichten, Männer, die nicht beschnitten sind, oder solche, die falsche Nahrung zu sich nehmen oder die falsche (nur für Priester bestimmte) Salbe gebrauchen.

Die Todesstrafe, die wir in unserer Welt mittlerweile als inhuman empfinden, ist ein ganz selbstverständlicher Wert des alten Testaments.

 

Wer die „heiligen Texte“ der Religionen unvoreingenommen analysiert, kommt zu

dem Ergebnis, dass diese insgesamt weit unter dem ethischen Mindeststandard jeder halbwegs zivilisierten Gesellschaft stehen! Aufgrund von Traditionsblindheit hält man solche Gebote für ethische Richtlinien.

Dies gilt nicht nur für die in diesen Texten enthaltenen göttlichen Gebote und Verbote (beispielsweise die Forderung der Todesstrafe für homosexuelle Handlungen oder Glaubensabfall in den Quellentexten des Judentums, Christentums und des Islam), sondern auch für das dort angeblich dokumentierte Verhalten der vermeintlich obersten, moralischen Autorität (Gott).

Man denke nur an die völlige Auslöschung von Sodom und Gomorra, den weltweiten Genozid an Menschen und Tieren im Zuge der sog. „Sintflut“ oder aber an die für Christen

und Muslime verbindliche Androhung ewiger Höllenqual, gegen die jede ungerechte irdische und damit endliche Strafmassnahme verblasst.

 

Das Himmelsreich ist nur für eine kleine Schar von Glaubenden zugänglich (Mt, 22,14). Dem überwiegenden Teil der Menschheit steht ein jenseitiges „Auschwitz“ für den Rest der Ewigkeit in Aussicht. „Der Menschensohn wird seine Engel aussenden, und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere verführt und Gottes Gesetz übertreten haben. Sie werden sie in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt. Dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen…“(Mt, 13,41-43)

 

Ich bin mir bewusst, dass es immer zwei Arten gibt, einen heiligen Text zu lesen:

-die fundamentalistische Haltung, die eigentlich ein Ausdruck geistiger Faulheit ist. Sie möchte die Stabilisierung eigener Sicherheit und stellt ein Unterlassen der Eigenreflektion dar. Mythengläubige tun dies.

-Menschen des inneren Weges geben sich nicht zufrieden mit der oberflächlichen Bedeutung dessen, was gelehrt wird. Sie verstehen es als einen Hinweis für eine verborgene Bedeutung. Es reicht dann nicht mehr, einfach ein Gebot zu hören „du sollst nicht ehebrechen“ und auf simple Weise zu verstehen. Für den Mystiker ist etwas anderes gemeint als einfach nur die Treue zum Ehepartner. Für den, der die Welt nach innen holt und die Vorgänge der äusseren Welt symbolisch versteht, ergeben sich ganz neue und frische umfassendere Erkenntnisse.

Da ein Grossteil der Menschen aber an der buchstäblichen Bedeutung kleben bleibt, ist es auch wichtig, diese in Frage zu stellen.

 

Umgekehrt findet man in den Zehn Geboten natürlich keine unverletzlichen und unveräusserlichen Menschenrechte, kein Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit, keine Gleichberechtigung von Mann und Frau, keine Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses und schon gar keine Gewährung von Meinungs-, Presse-, Kunst- und Forschungsfreiheit. Diese Grundrechte sind im Kanon der Zehn Gebote

nicht nur nicht enthalten, sie stehen vielmehr in einem unaufhebbaren Widerspruch zur

gesamten Ausrichtung der Bibel!

Historisch betrachtet ist das verständlich:

Denn wie auch hätten die Menschen, die vor vielen, vielen Jahrhunderten die „Heiligen

Schriften“ zusammenreimten, Grundrechte formulieren können, die erst auf einer sehr

viel späteren Stufe der kulturellen Evolution entwickelt werden konnten? Es wäre in der

Tat ein Wunder gewesen, hätte Moses beim legendären Abstieg vom Berg Sinai statt der Zehn Gebote die allgemeine Erklärung der Menschenrechte im Gepäck gehabt. Etwas Derartiges ist in der gesamten Religionsgeschichte jedoch nicht vorgekommen. Vielmehr bestätigte sich immer wieder eine der grundlegenden Erkenntnisse der Religionssoziologie: Die Götter und ihre jeweiligen Gebote waren stets nur exakt so klug beziehungsweise exakt so beschränkt wie die Menschen, die in dem jeweiligen historischen Kontext gelebt haben. Die moralischen Werte scheinen unabhängig von den zeitlosen Wahrheiten eines Gottesbezugs, sehr an die historischen Beschränktheiten gebunden zu sein.

Die zehn Gebote und die Gebote der Religionen stellen einen Ethnozentrismus dar, der geholfen hat, den starken Egozentrismus zu überwinden.

 

Die grossen religiösen Traditionen, die wir auf diesem Planeten finden, leiteten die Menschen in dem historischen Kontext von der Egozentrik zur Ethnozentrik.

Durch sie wurden Menschen auf eine moralische Verhaltensweise hingewiesen, die in dieser Zeit wichtig war, aber zum Grossteil heute überholt ist, und nun auch als rückständig gilt.

Auch in den heiligen Texten Indiens findet man Verhaltensweisen beschrieben, die der mittelalterlichen Dorfkultur Indiens sicherlich gemäss waren, aber grotesk und sehr fragwürdig wirken, wenn wir sie in unsere Zeit übertragen würden.

 

Srila Prabhupada, ein ganz grosser Lehrer der Bhakti Tradition, proklamiert, dass Mädchen nicht in die Schule gehen müssten, sondern dass ihnen einfach gelernt werden soll, wie man den Boden fegt, näht, putzt, kocht und treu zum Ehemann ist. (conversation, 29 April 1977)

 

Der Inhalt der Bhakti-Lehre, die er lehrt, ist berührend und ewig aktuell, da sie unser Innerstes, die Seele anspricht. Aber an der kulturellen Verpackung, in welcher sie erscheint und vermittelt wird, hängen noch Weltanschauungen dran, die offensichtlich nicht aus der Transzendenz stammen, sondern aus mittelalterlichen Gesellschafts-Strukturen.

 

Das heisst, zusätzlich zur Aufnahme der ewigen Inhalte einer heiligen Offenbarung bedarf es der Bewusstseinsentwicklung, wie man die diese versteht und anwendet. Man kann die gleiche spirituelle Lehre in ganz unterschiedlichen Kontexten aufnehmen und dabei gänzlich verschiedene Werte des Umgangs mit anderen leben. Der Gehalt der Spiritualität ist bleibend von wert, allerdings mag die kulturelle Schale darum herum unter Umständen nicht nur nicht ansprechen, sondern eher abstossend wirken. Auf dem inneren Weg bedarf es einer genauen Prüfung, diese beiden nicht im Duo-Pack zu konsumieren und eine scharfe Trennung vorzunehmen, wenn überholte kulturelle Wertesysteme noch daran kleben.

Die Offenbarungstraditionen waren erfolgreich, den Menschen aus einer rein egoistischen Haltung in das „Wir“ der Dorfkultur zu begleiten, in das „Wir“ der jeweiligen Konformität im sozialen Austausch.

Von dort aber braucht es weitere Entwicklungsschritte von der „auserwählten“ ägyptischen, israelischen oder vedischen Kultur zu einer Weltbürgerschaft, wo kulturelle Unterschiedlichkeiten bestehen bleiben, aber einer umspannenderen Perspektive untergeordnet sind.

Diogenes von Sinope antwortet auf die Frage, woher er komme mit „er sei ein Weltbürger“ (Kosmopolit).

Weltbürgertum ist eine transnationale Verbundenheit, eine allumfassende Menschheitskultur. Als Grundlage der Menschenrechte ist die Idee davon indirekt in die Verfassung der modernen Demokratien eingegangen.

 

Dann wird die Welt zu einem Dorf, in dem ein jeder Erdenbewohner zu Hause ist. Die Welt ist eine grosse Familie, alle Menschen sind einander Schwestern und Brüder.

Weltbürger zu sein ist noch immer eine Fehleinschätzung des Ichgefühls, da es noch immer eine Identifikation mit der Aussenwelt darstellt – allerdings eine, die die darunterliegende Zusammengehörigkeit alles Lebendigen durchscheinen lässt.

Die Ausweitung des Kosmopolitismus aus der Weltidentifikation hinaus führt zu einem Seelenverständnis, eine Allverbundenheit, die unterhalb aller Formen und Gestalten existiert.

Diese wiederum stellt die Grundlage dar auf eine theozentrische Weltschau.

 

 

 

Egozentrisch

           ↓

 

ethnozentrisch

           ↓  

 

Weltzentriert (Weltbürgertum, Kosmopolit)

           ↓

 

All-Verbundenheit (im Sinne einer mystischen Erfahrung)

           ↓

 

Gott-zentriert

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aufgrund der Konstellation, dass das kulturelle Umfeld der Offenbarungs-Religionen bei der ethnozentrischen Weltschau stehen geblieben ist, sind sie heute konservative Kräfte.

Sie schaffen keine neuen Werte für Gegenwart und Zukunft, sondern sind kulturelle

Zeitmaschinen, die überholte Vorstellungen vergangener Epochen in die heutige Zeit zu

transportieren versuchen. Dies erklärt auch, warum ein Grossteil der Werte, die den modernen

Rechtsstaat konstituieren und auch die Menschenrechte, keineswegs dem Christentum entstammen, sondern vielmehr in einem Jahrhunderte währenden Emanzipationskampf gegen den Widerstand des organisierten Christentums erstritten werden mussten. Gleich welchen Aspekt des modernen Rechtsstaats wir auch fokussieren, ob Demokratie, Gewaltenteilung,

ob die Freiheit der Meinungsäusserung, die Frage der religiösen Selbstbestimmung oder

die Gleichberechtigung von Mann und Frau...

 

 

Der amerikanische Psychologe Lawrence Kohlberg hat eine Stufenlehre einer moralischen Entwicklung geprägt, die innerlich vollzogen werden soll, damit der Blick auf die reine spirituelle Lehre offen bleiben kann.

Je ausgeprägter der Mangel an Authentizität beim Verfolgen seiner eigensten Lebensspur ist, desto zwingender und rigider ist sein Kompensationsverhalten für sein innerstes Gefühl von Unsicherheit. Er wird äussere Autorität überbetonen müssen weil ihm eigene Ausrichtung fehlt.

 

Ebene 1: Präkonventionelle Moral (der tamas-Handlungs-Impuls)

 

a)      Orientierung an Strafe und Gehorsam

 

Man befolgt Regeln, um Strafe zu vermeiden.

Eine Handlung ist einzig deshalb unerwünscht und verwerfenswert, weil man in Zukunft eine Bestrafung dafür bekommt. Das Kriterium, dass eine Handlung richtig ist, wird nur am persönlichen Gewinn und der Belohnung dafür bemessen. Durch moralisches Handeln kann man Strafe von Autoritäten umgehen. Wäre nicht die strafende Autorität, würde man durchaus nicht auf diese Weise handeln.

Es ist eine fremdbestimmte Moral. Sie agiert in der Lust-Schmerz-Orientierung.

Es ist ein egozentrischer Gesichtspunkt. Der Handelnde berücksichtigt und erkennt die Interessen anderer nicht.

 

b)      Instrumentelle Orientierung

 

Man befolgt Regeln, um persönliche Vorteile zu erzielen und den unmittelbaren Eigeninteressen zu dienen. Man kam zur Einsicht, dass die verschiedenen individuellen Interessen miteinander im Konflikt liegen, so dass Gerechtigkeit relative ist.

Der Fokus ist auf den persönlichen Gewinn gerichtet und nicht darauf, ob die Handlung moralisch richtig oder verwerfenswert ist. Menschliche Beziehungen werden vergleichbar mit der Austauschbeziehung des Marktes verstanden (do ut des). Gerecht ist, was fair ist im Sinne eines Handelsabkommens. Da der Eigennutz im Vordergrund steht, wird bei Enttäuschung Zorn, das Racheprinzip, aktiv.

In der Volksreligiosität geht es primär um diese Markt-Orientierung– die Religion ist gut, wenn sie materielle Vorteile bringt (Calvinismus).

 

Ebene 2: Konventionelle Moral (der rajas-Handlungs-Impuls)

Hier tritt ein Sinn ein, welcher das Zusammenleben regelt:

 

a)      Orientierung gemäss Übereinstimmung

 

Man erkennt den Anderen – und möchte den Erwartungen der Bezugsperson und Autoritäten entsprechen. Wird man den Erwartungen nicht gerecht, entstehen Schuldgefühle.

Wir suchen Anerkennung, Billigung und die Gutheissung der Gesellschaft um uns herum.

Die Erwartungen und Überzeugungen der Menschen im eigenen Umfeld (Familie, ethnische Gruppe, Institution, Nation…) regeln das Verhalten. Gut ist, was die Gruppe für richtig befindet. Der Grund, das Rechte zu tun ist, das Verlangen, in den Augen von anderen als “guter Mensch” zu erscheinen.

Das ist gefährlich, da so viel gerechtgertigte Gewalt daraus entsprungen ist.

Was immer die Gruppe ablehnt, unabhängig vom Wahrheitsgehalt davon, wird als falsch erachtet.

Ein guter Bürger, eine in der Gruppe anerkannte Person zu sein, ist die Ausgangslage für moralische Entscheidungen.

Konformes Handeln schenkt Anerkennung.

 

 

b)      Orientierung an Gesetz und Ordnung

 

Man hat die grundlegenden Verhaltens-Regeln so verinnerlicht, dass man sie aus eigenem Antrieb für richtig befindet. Man hat soziales Gewissen.

Der Hauptfokus ist es, die Regeln des gegebenen Systems zu befolgen, um das Recht und die Ordnung aufrecht zu erhalten. Man erkennt die Wichtigkeit verbindlicher Verhaltensnormen für das Funktionieren der Gesellschaft. Hier werden Verhaltens-Direktiven nicht nur von den Bezugspersonen angenommen, sondern man akzeptiert allgemein gültige Regeln.

Der Grund, das Rechte zutun ist, das Funktionieren des sozialen Körpers zu gewährleisten und den Zusammenbruch des Systems zu vermeiden.

Gegen die Konvention zu verstossen bringt Unannehmlichkeit und Zurückweisung.

Das Gewissen dieser Stufe rät, in der Herde zu bleiben.

 

 

Ebene 3: Postkonventionelle Ebene (der sattva-Handlungs-Impuls)

 

a)      Orientierung im Innern verankert

 

Hier funktionert ein Miteinander zwischen einem sozialen Kontrakt (der sozialen Nützlichkeit) und des individuellen Rechts. Die Urteilskraft basiert gemäss einem inneren Empfinden von richtig und falsch.

Das bedarf einer kritischen Beurteilung der Situation. Man fühlt sich seiner Anschauung verpflichtet. Es sind nun nicht mehr Konventionen und Berechnungen, was man im aussen erhalten könnte, welche zur Entscheidung führen, sondern die Würde zu errungenen Grundwerten.

Normen werden hinterfragt und nur noch als verbindlich betrachtet, wenn sie gut begründet sind und noch sinnvoll sind. Sonst werden sie aufgegeben.

 

b)      Orierntierung am universalen Prinzip

 

Die Entscheidungsfähigkeit basiert auf integrierten universellen Prinzipien, welche in einem verwurzelt sind. Es geht einen viel mehr um den Geist des Gesetzes als um die Buchstabentreue.

Hier orientiert man sich nicht mehr an gesellschaftlichen Nutzens-Erwägungen, sondern an höheren Prinzipien (“das Prinzip der gleichen Berücksichtigung gleichrangiger Interessen” “universelle Geschwisterlichkeit”, die nicht nur die eigene Spezies berücksichtigt oder Gottesverbundenheit mit der gesamten Schöpfung). Der Anstoss zu richtigem Handeln kommt nicht mehr von aussen, sondern aus seinem Innersten und der Grund, richtig zu handeln, ist nicht mehr an einen Eigennutzen gebunden. Man tut das Richtige auch, wenn es persönliche Nachteile bringen würde.

Das richtige Handeln wird ergründet anhand des Einklanges mit eigenen Einsichten und universalen Prinzipien.

Da postkonventionelles Denken auch wieder zur leichtgläubig übernommenen Konvention werden kann, bedarf es einer ständigen kritischen Überprüfung dessen.

 

 

Dies ist eine Entwicklung von einer egozentrischen über eine ethnozentrische hin zu einer theozentrischen Perspektive. Dabei erlernt man, Normen, auch religiöser Art, zu hinterfragen.

Es ist eine Entwicklung von persönlichen Antrieben von der Angst, persönliche Bereicherung, Ansehen hin zur selbstlosen Handlungsbegründung, die keinen Zweck mehr verfolgt.

 

 

Die religiöse Moral ist zumeist eine Mixtur aus präkonventionellem und konventionellem Moral-Verständnis.

Gott droht den Menschen, sie zu bestrafen, wenn sie seine Gebote überschreiten oder garantiert ihnen seinen Segen, wenn sie sich an die Gebote halten (präkonventionell)

Gleichzeitig versucht man, ein guter Gläubiger zu werden und hat Gewissensbisse (Schuld), wenn man eine Glaubensregel übertritt. Die Brahmanen und Priester behaupten, dass die Einhaltung der Gebote und Verbote notwendig sei, um Gesetz und Ordnung aufrecht zu erhalten (konventionell)

 

Diese beiden Ansätze suchen nicht nach neuen Lösungen für ethische Konflikte (postkonventionell), sondern berufen sich auf alte Traditionen, die angeblich “heilig”, also unantastbar sind.

Wahrscheinlich ist das Stehenbleiben bei der vierten Stufe der Moralentwicklung sogar die Grundvoraussetzung, um überhaupt einen Rang in religiösen Institutionen einzunehmen.

 

Für ein aufgeklärtes Krishnabewusstsein, das auch in unserer modernen Welt noch verstanden werden möchte, bedarf es neuer Ansätze im Sinne der sechsten Stufe der kohlbergerschen Entwicklungspyramide.